Die Novemberrevolution 1918 und das Ende des Ersten Weltkrieges in Düren

Veröffentlicht: Mittwoch, 07. November 2018

Düren. Ausgehend von Kiel erreichte die Novemberrevolution am 8. November Düren. Für kurze Zeit übernahm ein Arbeiter- und Soldatenrat die Kontrolle in der Stadt. Im Folgenden publizieren wir einen Beitrag, der uns dankenswerterweise von Felix Röhlich zur Verfügung gestellt wurde. Dieser skizziert die Ereignisse in Düren vor 100 Jahren:

Obwohl die gescheiterten Frühjahrsoffensiven an der Westfront den Verlust von tausenden gefallener deutschen Soldaten gekostet hatte und die noch zur Verfügung stehenden Einheiten psychisch und physisch so geschwächt und erschöpft waren, dass sie kaum noch zum kämpfen in der Lage waren, ließ die Oberste Heeresleitung unter General Paul von Hindenburg und Generalstabschef Erich Ludendorff, Anfang Juli 1918 erneut zum Angriff blasen. Die DVZ meldete am 17.7.1918 auf der Titelseite: „Die neue Angriffsschlacht bei Reims. Die Marne überschritten – Über 15000 Gefangene.“ Aber dieses für die Öffentlichkeit dargestellte Bild täuschte. Bereits am 18. Juli erkämpfte die französische Armee einen tiefen Einbruch in die deutschen Linien und ab September befanden sich die deutschen Einheiten in ständigen Abwehr- und Rückzugskämpfen. Es fehlte an Nachschub von neuen Rekruten, von Nahrungsmittel und Material, die Erkenntnis, dass der Krieg nicht weiter fortgeführt werden konnte, wurde den Generälen immer klarer. Am 29. September 1918 gestanden Hindenburg und Ludendorff gegenüber dem Kaiser und der völlig überraschten Reichsregierung die ausweglose Lage ein und forderten die sofortige Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen. Gleichzeitig forderte Ludendorff eine Regierungsumbildung. In die neue Reichsregierung sollten die großen Volksparteien, Zentrum und insbesondere die verhassten Sozialdemokraten mit eingebunden werden. Der Hintergrund seiner Forderung war die Schuld an der Niederlage und dem verlorenen Krieg auf die großen Volksparteien abzuwälzen, denn eine Delegation aus ihren Reihen musste schließlich die Friedensverhandlungen führen (Geburt der Dolchstoßlegende). Ende Oktober 1918 befanden sich Hindenburg und Ludendorff in Berlin, um Druck bei den Waffenstillstandsverhandlungen mit dem amerikanische Präsident Woodrow Wilson zu machen. Die Reichsregierung unter Reichskanzler Max von Baden hatte über die Schweiz Kontakt mit Wilson aufgenommen und ihn gebeten, auf der Basis seines 14 Punkte Programms, das er im Januar verkündet hatte, Vermittlung für einen Waffenstillstand zu übernehmen.
Über den Notenwechsel mit Washington hat es dann noch bis zum 9. November gedauert, bis die Waffenstillstandsbedingungen in Berlin angenommen wurden. Inzwischen war schon eine Delegation von Berlin an die Westfront zu den Waffenstillstandsverhandlungen abgereist. Am 11. November 1918 wurde schließlich, nach nochmaliger ausdrücklichen Aufforderung der OHL zu unterschreiben, der Waffenstillstand vom Staatssekretär Matthias Erzberger im Wald von Compiegne unterzeichnet. Der Kaiser hatte sich nach Holland abgesetzt und in der Villa des Barons Bendink in Arnheim Unterkunft gefunden, Hindenburg und Ludendorff hatten sich auf ihre Güter ins Private zurückgezogen. Diese Clique, welche die Katastrophe und das damit verbundene Elend verursacht hatten, ließen das Volk in seiner Not und mit den ungelösten Friedensbedingungen verantwortungslos im Stich.

Die Revolution erreicht Düren

Seit Anfang November waren, ausgehend von einer Meuterei der Matrosen in Kiel, deutschlandweit Unruhen ausgebrochen, die zur Entmachtung der Behörden und zur Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten führten, die spontan die Macht im Staat in den Kommunen übernahmen. Nach vergeblichen Bemühungen des amtierenden Reichskanzlers Max von Baden, die Monarchie zu retten, trat dieser am 9. November zurück und übergab das Amt dem Vorsitzenden der Sozialdemokraten Friedrich Ebert. In Düren war es in der ersten Novemberwoche auch zu Unruhen gekommen. Aus dem Gerichtsgefängnis in der Jesuitengasse waren die politischen Gefangenen, die dort wegen sogenannter Wehrkraftzersetzung einsaßen, befreit worden. Dabei waren auch kriminelle Häftlinge frei gekommen, die nun in der Stadt ihr Unwesen trieben. In Villen wurde eingebrochen und in der Kaserne wurde die Kleiderkammer und das Proviantlager geplündert. In dieser Situation hatte die SPD die Initiative ergriffen und beim Arbeiter- und Soldatenrat in Köln Hilfe angefordert, um die Ordnung wieder herzustellen. In Köln war bereits durch Initiative des Reichstagsabgeordneten Wilhelm Sollmann, SPD (Redakteur der Rhein. Zeitung), ein Arbeiter- und Soldatenrat gegründet worden. Mit Unterstützung der Kölner Gruppe wurde dann am 8. November auch in Düren ein Arbeiter- und Soldatenrat gebildet. Unter Führung des Buchdruckers Josef Radermacher, des Schlossers Bertram Wieland und des Obermatrosen Gülden erklärte dieser in einer öffentlichen Bekanntmachung, die auch von Oberbürgermeister Klotz unterschrieben war, am 9. November: „Zwischen dem Arbeiter- und Soldatenrat und dem Oberbürgermeister der Stadt ist folgende Vereinbarung getroffen worden: Die laufenden Geschäfte werden vom Oberbürgermeister der Stadt weitergeführt und alle darauf bezüglichen Verfügungen, Bekanntmachungen und Zahlungsanweisungen von ihm vollzogen. Die Stadtratsprotokolle werden vom Arbeiter- und Soldatenrat oder dessen Bevollmächtigten gegengezeichnet. Die Stadtverordneten-Versammlung und die städtischen Kommissionen bleiben bis auf weiteres in ihrer jetzigen Besetzung bestehen, zu ihren Beratungen werden jedoch Vertreter des Arbeiter- und Soldatenrates zugezogen, und zwar zu den Stadtverordneten-Sitzungen in voller Stärke von 14 Personen, zu den einzelnen Kommissionssitzungen ein oder zwei Vertreter.“

Josef Radermacher vor seinem Zigarrenladen in der Kölnstraße.

Oberbürgermeister Klotz hatte die Stadtverordneten bereits zu eine Sondersitzung auf den 9. November eingeladen, in der er die Mitteilung machte, „…..das er die Stadtverordneten heute zum letzten mal zusammenberufen habe, da ihm durch den Arbeiter- und Soldatenrat, der sich diese Nacht gebildet habe, die Mitteilung gemacht worden sei, dass die Stadtverordneten-Versammlung aufgelöst sei. Er dürfe weiterhin seines Amtes walten, aber keine Unterschriften vollziehen. . . .“. Im weiteren Verlauf der Ratssitzung teilte der OB noch mit, dass der Kaiser abgedankt habe, hierdurch sei das 1871 errungene Kaisertum deutscher Nation wieder begraben. Zu Ehren seiner Majestät des Kaisers erhob sich die Versammlung von den Sitzen. Nachdem der OB noch die Hoffnung geäußert hatte, dass die gegenwärtigen Zustände nur vorübergehend sein würden, brachte er auf unser geliebtes Düren ein Hoch aus, in das die Anwesenden einstimmten.

Der Arbeiter- und Soldatenrat gibt Forderungen bekannt

Zur gleichen Zeit, am Samstag den 9. November, fand im Kaisersaal in der Wirtelstraße eine Versammlung des Arbeiter- und Soldatenrates statt, dabei wurden die Grundsätze und Forderungen der neuen Bewegung bekanntgegeben: 1. Sofortiger Friedensschluss. 2. Vereidigung des Heeres auf die Verfassung. 3. Freilassung aller politischen und militärischen Gefangenen. 4. Abschaffung sämtlicher Monarchien, Dynastien und Herrenrechte. 5. Errichtung der sozialen Republik. 6. Sofortiges Aufhören der Einberufungen und Einstellung aller Truppensendungen nach der Westfront. 7. Annullierung der Kriegsanleihen unter Berücksichtigung der kleinen Zeichnungen. 8. Aufhebung des militärischen Grußes. 9. Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten.
Der Dürener Arbeiter- und Soldatenrat wurde sodann in der Versammlung, mit den bereits intern zusammengesetzten 14 Personen, öffentlich gewählt. Im Verlauf der Versammlung wurde Fliegeralarm gemeldet, die Sitzung wurde auf den darauffolgenden Sonntag in der Stadtparkhalle vertagt. In dieser Versammlung, die von Herrn Radermacher geleite wurde, sprach zuerst Bertram Wieland. In seinem Vortrag erklärte er die Entstehung des Weltkrieges und die Stellungnahme der Sozialdemokratie dazu. An Stelle des alten Unrechts müsse nun das wahre Volksrecht treten. U.a. trug er vor, die herrschenden Klassen hätten es verstanden, die Wissenschaft und den Zugang zu Hochschulen und Universitäten für sich zu reservieren. . . . Versammlungsleiter Radermacher kritisierte den Fliegeralarm der gerade wieder ausgelöst wurde, man wolle damit die Versammlung stören, denn weit und breit seien genau wie gestern keine feindlichen Flugzeuge in Sicht, er werde scharfen Protest dagegen einlegen. In der Aussprache klagte Gewerkschaftssekretär Sauren den Kriegswucher und die Kriegsgewinnler an, insbesondere auch die Annullierung der Kriegsanleihen. Ein großer Teil der Arbeiterschaft wäre um die ersparten Notgroschen betrogen, die sie gegen die Garantie der Rückzahlung mit Gewinn eingezahlt hatten. Professor Schoop erhob in der weiteren Aussprache Einspruch gegen die Behauptung, die Monarchie habe uns nicht viel Gutes gebracht. Der Arbeiterstand sei unter der Monarchie nicht unterdrückt worden und die soziale Gesetzgebung Deutschlands welche die beste der Welt sei, habe die Lage der Arbeiter gefördert. Lyziallehrer Stiller wandte sich u.a. gegen die Behauptung, die höhere wissenschaftliche Fortbildung werde den Kindern des Volkes versperrt. Als Beispiel des Gegenteils führte er die modernen Schulsysteme in Frankfurt und Berlin an, deren Einrichtung gerade die Lehrerschaft erkämpft habe. Auch erhob er Einspruch gegen die Behauptung, die Kinder würden bereits in der Schule zur nationalen Verhetzung erzogen. Im Schlusswort stellte Radermacher fest, dass die freie Meinungsäußerung in der Versammlung ein Zeichen des neuen demokratischen Systems sei.

Aufruf des Dürener Arbeiter- und Soldatenrates vom 10. November 2018.

Mit dem Inkrafttreten des Waffenstillstandes am 11. November 1918 gibt Josef Radermacher für den Arbeiter- und Soldatenrat eine Erklärung heraus, die am 15. 11. 1918 in allen Dürener Zeitungen erscheint, darin heißt es: „Die Revolution ist da; sie aufzuhalten war stets in der Geschichte unmöglich und ist es auch heute. Auch die Dürener Organisation der sozialdemokratischen Partei wurde von dem plötzlichen Ausbruch überrumpelt. Um diese nun einmal entfesselte Revolution in geordnete Bahnen zu lenken, bildeten wir in der Freitagnacht den Arbeiter- und Soldatenrat. . . . . Sobald Ruhe und Ordnung wieder hergestellt sind, werden nach gleichem Wahlrecht für alle zu vollziehende Wahlen, die weitere Gestaltung des Deutschen Staates und seine Regierungsform bestimmen. . . . ...schmerzlich berührt es uns, dass zur selben Zeit, wo wir unsere äußerste Kraft für Alle in Düren und Umgebung einsetzen, tüchtige Kräfte im Stadtparlament bemüht sind, die Frauen für die kommenden Wahlen gegen uns zu gewinnen. Wer hat denn das Wahlrecht für die Frauen erkämpft? Nur einzig und allein die Sozialdemokratie. Wer hat es stets verweigert? Gerade die Herrn, die es nun gegen uns auszunutzen bestrebt sind. . . . . Dass Unordnung und Ausschreitungen in diesen Tagen des Umsturzes vorkommen, beklagen wir tief, aber wir bekämpfen es und rufen hierzu Alle und Jeden zur Hilfe. Uns hemmt kein Parteiinteresse und kein Herkommen, was uns leitet ist das Gebot der Stunde, die Rettung unserer Heimat.“ Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit des Besitzes, hatte der Arbeiter- und Soldatenrat mit dem Garnison-Kommando des InfantrieRegiments 161 Zusammenarbeit vereinbart. Die Ordnungskräfte trugen eine gestempelte weiße Armbinde.

In Berlin hatte Friedrich Ebert am 10.11.1918 mit dem Rat der Volksbeauftragten eine Revolutionsregierung gebildet. Die Mitglieder waren: Ebert, Scheidemann, Landsberg, Haase, Dittmann und Barth. Ihre ersten Beschlüsse waren: Die Einführung des Achtstunden – Arbeitstages und das allgemeine freie und gleiche Wahlrecht für Alle, also auch für Frauen. Zur Vorbereitung einer neuen Verfassung wurden Delegierte von den Arbeiter- und Soldatenräten aus allen Landesteilen zu einem Reichskongress vom 16. 12. bis 21. 12. 1918 nach Berlin eingeladen. Vom Dürener Arbeiter- und Soldatenrat nahm Bertram Wieland an diesem Reichskongress teil. Inzwischen waren am 22. November die restlichen zwei Bataillone des 161er Infanterie – Regiments zu ihrem Heimatstandort Düren heimgekehrt. Die Dürener Bevölkerung hatte den Heimkehrern auf dem Marktplatz einen herzlichen Empfang bereitet. Oberbürgermeister Klotz war mit der Verwaltungsspitze, den Beigeordneten Jackle und Kern, sowie Assessor Dr. Rombach, zur Begrüßung auf der Rathaustreppe erschienen, wo sie mit dem Standortkommandeur Oberst Herzberg einen schneidigen Parademarsch abnahmen. Im Namen der Stadt Düren, so OB Klotz, habe er die Ehre das ruhmreiche und tapfere Regiment der 161er und insbesondere das hier in Garnison stationierte Erste Bataillon, herzlich zu begrüßen. Tief bewegt sprach Klotz u.a. auch die hohen Auszeichnungen des Regiments und der Kommandeure während des Krieges an. Laut einer Ehrentafel im Verwaltungsbericht von 1921, sind von 1914 bis 1918 aus Düren 950 Männer an der Front gefallen. Den Waffenstillstandsbedingungen zur Folge musste das linksrheinische Gebiet von deutschem Militär geräumt werden, d.h. auch in Düren musste die Kaserne geräumt werden. Um die öffentliche Sicherheit zwischen dem Abzug der deutschen Soldaten und dem Einzug der Besatzungstruppen zu gewährleisten, insbesondere zum Schutz vor Plünderungen und Einbrüchen, hatte die Stadtverwaltung im Einvernehmen mit dem Arbeiter- und Soldatenrat beschlossen, eine Bürgerwehr ins Leben zu rufen. Bürger wurden in einem öffentlichen Aufruf gebeten sich zur Verfügung zu stellen, es wurde ein Sold von 8,- Mark pro Tag in Aussicht gestellt.

Englische Truppen rücken ein

Bereits am 4. Dezember rückten englische Besatzungssoldaten in Stärke von 10000 Mann aller Waffengattungen in Düren ein. Sie belegten nicht nur die Kaserne, sondern auch alle Schulen, Säle von Gaststätten, gewerbliche Betriebsräume und beschlagnahmten außerdem private Wohnräume für die Offiziere. Der Schulbetrieb musste vorerst eingestellt werden und von 7.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens wurden Sperrstunden für die Zivilbevölkerung verordnet. Ab dem 10. Dezember 1918 wurde die englische Zeit eingeführt, die Uhren mussten eine Stunde zurückgesetzt werden. Uniformierte, insbesondere Offiziere, mussten in der Öffentlichkeit bei Begegnungen durch Abnehmen des Hutes gegrüßt werden, bei Zuwiderhandlung gab es Schläge mit der Reitpeitsche. Der Arbeiter- und Soldatenrat wurde von der englischen Besatzung nicht als zuständige Ordnungsmacht der Kommune anerkannt, der Oberbürgermeister erhielt die alleinige Zivilgewalt in Düren. Damit waren die Machtbefugnisse der Arbeiter- und Soldatenräte nicht nur in Düren, sondern im gesamten linksrheinischen Gebiet bereits beendet. Die Stadtverwaltung stand vor fast unlösbaren Aufgaben, die Lebensmittelversorgung war katastrophal, die sonst übliche Kartoffellieferung aus Pommern war mit dem Waffenstillstand zusammengebrochen. Auch die Beschaffung und der Transport von landwirtschaftlichen Produkten aus dem Kreisgebiet war vorerst nicht möglich, weil die Besatzungsmacht alle städtischen Fahrzeuge beschlagnahmt hatte. Zweites Problem war die Wohnungsnot infolge der Beschlagnahme von privatem Wohnraum, insgesamt 329 Familien wurden aus ihren Wohnungen ausgewiesen, für diese mussten Notunterkünfte besorgt werden. Auch die Finanzen der Stadt wurden außerplanmäßig strapaziert, die Besatzungskosten betrugen 1918 rd. 386.000,00 Mark und 1919 rd. 8.337.000,00 Mark, in den folgenden Jahren mit steigender Tendenz.

Erste Kommunalwahl nach dem Weltkrieg

Die ersten Kommunalwahlen nach dem 1. Weltkrieg fanden am 12. Oktober 1919 statt, vom Ergebnis waren die Sozialdemokraten enttäuscht. Ihr Einsatz, mit den Arbeiter- und Soldatenräten, für Ruhe und Ordnung in den ersten Nachkriegswirren zu sorgen, ihr Einsatz für soziale Verbesserungen und für die Einführung des Wahlrechtes für Frauen, wurde von den Wählern nicht den Erwartungen entsprechend honoriert, die konservativen Strukturen waren weitgehend erhalten. Dennoch wurden erstmals mehrere sozialdemokratische Kandidaten in die Stadt- und Gemeinderäte gewählt. In Düren hatten von 20.183 Wahlberechtigten 13.067 eine gültige Stimme abgegeben. Davon erhielt das Zentrum 7059, die SPD 3331 die Volkspartei 1054, die Demokraten 1199 und der Reichsbund 482. Der neue Stadtrat hatte jetzt 42 Stadtverordnetensitze, davon bekamen die Sozialdemokraten erstmals 11 Sitze, darunter war u.a. Josef Radermacher, der zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Aus heutiger Sicht ist noch interessant, das im Vorfeld dieser Kommunalwahl u.a. über den Neubau des Bahnhofes diskutiert wurde, daraus wurde aber nichts, der Wohnungsbau hatte Vorrang. In der Ratssitzung vom 16.12. 1919 wurden aus den Reihen der Stadtverordneten drei ehrenamtliche Beigeordnete gewählt, vom Zentrum die Stadtverordneten Hagen und Kleifges und von der SPD der Stadtverordnete Josef Radermacher. Oberbürgermeister Klotz teilte mit, dass die englische Besatzung durch 5000 französische Besatzungssoldaten abgelöst wurde, die geringere Zahl von Besatzungssoldaten hätte u.a. zur Entspannung des eingeschränkten
Schulbetriebes geführt. Des weiteren teilte Klotz mit, dass für die Dürener Kriegsgefangenen, noch etwa 400 in französischen Lagern, Weihnachtspakete verschickt wurden. Das Leben der Bürger war auch im zweiten Nachkriegsjahr noch sehr angespannt, die Notlage in der Lebensmittelversorgung hielt weiter an, schleichende Geldentwertung und zunehmende Arbeitslosigkeit bereiteten zusätzlich große Sorgen.

Schlussbemerkung:
Oberbürgermeister Klotz, seit 1894 im Amt, war bis zu seiner Pensionierung im Juni 1921 noch OB in Düren. Sein Nachfolger wurde Dr. Ernst Overhues. Josef Radermacher gab als Chefredakteur ab Dezember 1920 in Düren die Tageszeitung „Neue Zeit“ heraus. Radermacher verzog noch vor 1933 nach Krefeld, wo er nach Kriegsende 1945 nochmal für die SPD aktiv wurde. Bertram Wieland hatte sich der 1919 neu gegründeten kommunistischen Partei (KPD) angeschlossen. Wieland wurde von den Nazis verfolgt und am 15. November 1944 im KZ Buchenwald ermordet.

Felix Röhlich im März / April 2018

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