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Nico Biermanns Landarzt und SS-Sturmbannführer (Kritische Beiträge zur Lokal- und Regionalgeschichte, Band 1) Bertram-Wieland-Archiv für die Geschichte der Arbeiterbewegung e.V. Erscheinungstermin: 19.08.2019 Der gebürtige Kreuzauer Dr. med. August Bender (1909–2005) fungierte in der NS-Zeit u. a. als Lagerarzt im Konzentrationslager Buchenwald und war im Rahmen dieser Tätigkeit an zahlreichen Häftlingsselektionen beteiligt. Bis 1988 praktizierte er als beliebter Landarzt in Vettweiß-Kelz (Kreis Düren). Nico Biermanns hat Benders Biografie nun umfassend kritisch aufgearbeitet. „Die akribische Studie, die auf einer im Seminar ‚SS-Ärzte: Biografien und Netzwerke vor und nach 1945‘ am Historischen Institut der RWTH Aachen entstandenen Arbeit aufbaut, zeichnet den Lebensweg eines Mannes nach, der geradezu als prototypisch für SS-Ärzte seiner Generation gelten kann: Karriere in der SS, Verurteilung als Kriegsverbrecher durch die Alliierten, Begnadigung unter den Vorzeichen des Kalten Krieges, Karrierefortsetzung mit eigener Praxis, gesellschaftliche Integration und Anerkennung in der Bundesrepublik. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und der persönlichen Verantwortung an den Verbrechen in den Konzentrationslagern war Bender nicht bereit. Im Gegenteil, wie Biermanns über die Auswertung des schriftlichen Nachlasses Benders belegen kann, schwärmte dieser noch im hohen Alter über die geradezu unbegrenzten Möglichkeiten, die ihm als Arzt im Konzentrationslager geboten wurden und leugnete die Ermordung von Menschen in Gaskammern.“ Dr. Jens Westemeier und Dr. Mathias Schmidt Nico Biermanns, B. A., Jahrgang 1993, studiert Geschichte und Germanistik an der RWTH Aachen. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit SS-Ärzten, der alliierten und bundesdeutschen Strafverfolgung von NS-Tätern sowie deren gesellschaftlicher Reintegration in der Bundesrepublik. Stimmen zum Buch: "In der Geschichtsschreibung zum KZ Buchenwald wurde vollkommen berechtigt über viele Jahre der Fokus auf das Erleben und Überleben der Häftlinge gelegt. Die Täter kamen nur dann in den Blick, wenn es darum ging, die Verbrechen der SS, die Grausamkeiten und den alltäglichen Terror nachzuzeichnen. Auch bezogen auf den Buchenwald-Prozess vor dem amerikanischen Militärgericht in Dachau wurden die wichtigsten Repräsentanten des faschistischen Regimes in den Blick genommen. Nun hat sich Nico Biermanns im Rahmen eines unversitäten Projekts 'SS-Ärzte: Biografien und Netzwerke vor und nach 1945' mit dem Lagerarzt von Buchenwald August Bender beschäftigt und diese Studienarbeit mit Bildern und Dokumenten ergänzt veröffentlicht. [...] Es sagt eigentlich mehr über die Normalität in der BRD aus, dass er bis 1988 als beliebter Landarzt in Vettweiß-Kelz praktizieren konnte." (Ulrich Schneider in "Die Glocke vom Ettersberg. Mitteilungsblatt der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora", Ausgabe IV/2019, S. 11) "In einem Landstrich, dessen Geschichtsverständnis in manchen Heimat- und Geschichtsvereinen sowie in Teilen der lokalen Politik heute noch maßgeblich durch Sympathie für die Wehrmacht sowie durch Romantisierung des Kriegsgeschehens geprägt ist, und in dem die Beschäftigung mit der Geschichte von NS-Opfern nach wie vor zahlreichen Tabus unterliegt, gehört Nico Biermanns Studie in jede öffentlich zugängliche Bibliothek – und in die Hände all jener aufgeschlossenen Menschen, für die eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und mit dem prekären politischen und erinnerungspolitischen Erbe der Adenauer-Ära kein Tabu mehr ist. Dem Bertram-Wieland-Archiv ist mit dem Band ein überzeugender Auftakt für seine Reihe kritischer Beiträge zur Lokal- und Regionalgeschichte gelungen." (Frank Möller, Rezension vom November 2019)
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